Uckermarkkurier vom 04.10.2011
„Es hat mir sehr gefallen“
Premiere: Mit der Operette „Im Weißen Rössl“ ist den Uckermärkischen Bühnen hochklassige Unterhaltung gelungen.
Von Matthias Bruck
Schwedt/Oder. Sage niemand, Operetten seien angestaubt, nur etwas für ein weißhaariges Publikum und ansonsten völlig out: Die Uckermärkischen Bühnen Schwedt (ubs) haben mit ihrer jüngsten Inszenierung „ImWeißen Rössl“, die am vergangenen Samstag im großen Saal der ubs ihre umjubelte Premiere feierte, den Beweis angetreten, dass das Gegenteil der Fall ist.
16 Jahre, nachdem die ubs das in den 30er-Jahren entstandene Erfolgsstück erstmals auf die Bühne brachten, dessen Ohrwürmer („Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist“ oder „Ja im Salzkammergut, da kann man lustig sein“) heute noch jedermann bekannt sind, hat Regisseur Peter Fabers den Stoff erneutin Szene gesetzt. Und ihn dabei kräftig entstaubt. Entstanden ist eine schnelle, kurzweilige Inszenierung, die die Vorlage niemals pur umsetzt, sondern immer wieder ironisch bricht, übertreibt, parodiert, ohne sie indes als lächerlich vorzuführen. Was entstanden ist, ist ein ungeheurer Spaß auch für jene Theatergänger, die es nicht zur Operette zieht.
Schon das Bühnenbild sorgt für Erheiterung. Ein riesiges weißes Pferd – eben das weiße Rössl – bestimmt das Bild. Und immer dann, wenn es bei den Liebesirrungen und Verwirrungen, von denen das Singspiel handelt, ganz besonders emotional zugeht, blinkert das Pferd mit seinen langwimprigen Augen und stößt weißen Dampf aus seinen Nüstern. Und so geht es weiter: ubs-Intendant Reinhard Simon (Trikotagenfabrikant Wilhelm Giesecke) poltert als missgelaunter, aber im Grunde seines Wesens herzensguter Patriarch berlinernd durch die Szene, dass es nur so das Zwerchfell erschütternd. Die Postfrau Kathi (Ines Heinrich) stolziert als notgeiles Nummerngirl über die Bühne, der österreichische Kaiser (Gösta Knothe) erscheint als gutmütiger Großvater, der zu allen passenden und unpassenden Momenten und mit majestätischer Bedeutungsschwere in der Stimme den nichtssagenden Satz „Es hat mir sehr gefallen, es hat mich sehr gefreut“ fallen lässt.
Die Figuren Rössl-Wirtin Josepha Vogelhuber (Manja Kloss), Zahlkellner Leopold (Ireneusz Rosinski als Gast) Gieseckes Tochter Ottilie (Susanne von Lonski), der schöne Sigismund (Dirk Weidner), Rechtsanwalt Siedler (Stefan Bräuler), Urlauber Professor Hinzelmann und seine Tochter (Udo Schneider und Saskia Dreyer) sowie Kellner Piccolo (Peter Benjamin-Eichhorn) verleihen ihren Rollen ebenfalls den nötigen Ernst, um sie glaubhaft erscheinen zu lassen und verpassen ihrem Spiel jene Nuance Ironie, die es braucht, um dem Geschehen jene zweite Ebene zu verleihen, die den Theaterspaß ausmacht. Dabei agiert das Ensemble in Spiel und Gesang perfekt. Schon bei ihren vorjährigen großen Musikproduktionen wie der Operette „Frau Luna“ oder der Musical-Adaption des shakespearschen Sommernachtstraums „Durchgeknallt im Elfenwald“ hatte das ubs-Ensemble eine für ein reines Schauspielensemble erstaunliche gesangliche Leistung unter Beweis gestellt.
Beeindruckend auch wie die Mitglieder des Uckermärkischen Konzertchores aus Prenzlau, größtenteils schauspielerische Laien, sich in das Geschehen auf der Bühne einfügen – mit sichtlichem Spaß daran, diesmal nicht nur zu singen, sondern auch spielen zu dürfen. Alles in allem ist es den ubs gelungen, mit dem Griff zum „Weißen Rössl“ ein sehr gutes Stück hochklassiger Unterhaltung zu produzieren. Es braucht keine prophetische Gabe, dieser Inszenierung in den folgenden Vorstellungen einen Publikumserfolg vorherzusagen.
Märkische Oderzeitung vom 03.10.2011
Liebeslust am Wolfgangsee
Vorschau: Am 1. Oktober hat das berühmte Singspiel „Im weißen Rößl“ Premiere am Theater in Schwedt. Mit dabei sind 26 „Bischöfliche“ Chormitglieder.
Schwedt (MOZ) Ein kräftiger Jodler vor einem überdimensionalen Pferd als Kulisse begrüßt das Publikum an den Uckermärkischen Bühnen Schwedt. Kein Zweifel, wir sind „Im weißen Rössl“ am Wolfgangsee. Dort, wo Zahlkellner Leopold zunächst vergeblich um die Liebe seiner Chefin, der Wirtin Josepha Vogelhuber, kämpfen muss. Wo erst eine List ermöglicht, dass der nörgelnde Berliner Fabrikant Wilhelm Giesecke seine Tochter Ottilie dem Anwalt Dr. Siedler überlässt. Und dort, wo der trotz Glatze schöne Sigismund seine „haarsträubende“ Wirkung auf das lispelnde Klärchen hinterlässt.
Nach 16 Jahren holt das Theater seine einstige Erfolgsproduktion aus der Mottenkiste. Dass die Neuinszenierung dennoch kein kalter Kaffee ist, liegt vor allem an einem Ensemble, das nicht nur schauspielerische, sondern auch gesangliche Talente unter Beweis stellt. Sowohl die Hauptrollen, Ireneusz Rosinski als Leopold und Manja Kloss als Josepha, als auch die Nebendarsteller präsentieren ihre Spielfreude und statten ihre Figuren mit Liebe zum Detail aus. Herausragend ist da etwa Reinhard Simon als Wilhelm Giesecke, der mit seinem Berliner Dialekt schnell die Lacher auf seiner Seite hat. Oder Susanne von Lonski, die als Ottilie mit einem Spagat Spontanapplaus erntet. Selbst Postbotin Kati alias Ines Heinrich beeindruckt mit österreichischem Charme und Jodeltalent. Das Publikum klatscht bei jedem Lied begeistert mit.
Als frischer, jünger, entstaubter hat Regisseur Peter Fabers die Neuinszenierung angekündigt. Das ist gelungen. Trotz des schmalen Grates zwischen amüsantem Singspiel und folkloristischem Kitsch. Das liegt neben den bewährten Musikern der Band takayo und Freunde und dem Tanztheater aus Gryfino auch am Uckermärkischen Konzert- und Kammerchor aus Prenzlau. Erstmals stehen die Sänger auf der Großen Bühne in Schwedt. Glaubwürdig, herzerfrischend und voller Eifer machen sie das Lustspiel zu einem Erlebnis.
Einen entscheidenden Anteil am Erfolg der Neuauflage hat Manfred Bitterlich, erstmals verantwortlich für Bühnenbild und Ausstattung. Statt hängender Geranien und Alpenromantik setzt er auf das „Weiße Rössl“ als bestimmende Kulisse, das im richtigen Moment mit den Lidern klappert, Rauch ausstößt und zeitgleich als Balkon fungiert. Die Kostüme der Darsteller, ob Lederhose, Dirndl oder knielange Bademode, unterstreichen den Zeitgeist der Inszenierung.
Vorstellungen: 14., 15, 29.10., 19.30 Uhr, 30.10., 15 Uhr, Uckermärkische Bühnen, Schwedt, Kartentelefon 03332 538111