Nordkurier vom 15.07.2011
Geburtstagsparty der Klassik
Wunschkonzert: Gleich drei Gründe gibt es in der Konzertkirche von Neubrandenburg für einen großen und stimmungsvollen Jubiläumsabend.
Von Detlef Stapf
Neubrandenburg. Wenn es so etwas gibt wie eine Klassik-Geburtstagsparty, dann war es der stimmungsvolle Jubiläumsabend am Mittwoch in der Neubrandenburger Konzertkirche. Gefeiert wurde nicht nur die Einweihung des Hauses vor zehn Jahren, sondern auch das 60-jährige Bestehen des Orchesters und 30 Jahre Neubrandenburger Philharmonie. Statt Champagner reichte man einen Reigen prickelnder Musik. Chefdirigent Stefan Malzew sah davon ab, mit dem Programm die Leistungsfähigkeit seiner Musiker herauszufordern. Für ein „Wunschkonzert“ konnte das Publikum seit einiger Zeit Vorschläge unterbreiten, was es schon immer mal hören wollte, und gab damit der Zusammenstellung den Charakter eines Kurkonzertes. Nach dem Muster der traditionellen Konzertnächte machte Malzew daraus erwartungsgemäß ein spannendes Ereignis mit viel Entertainment. Er ließ die Geschichte von Konzerthaus und Orchester mit lebenden Personen und anhand von Anekdoten Revue passieren. Eingeladen zur Arbeit am Pult waren Dirigenten und eine Dirigentin, die einst dem Orchester vorstanden oder in anderer Weise mit dem Klangkörper Verbindung hatten.
So kam das Publikum im ausverkauften Saal in den einmaligen Genuss, bislang nur historisch erinnerte Dirigierqualitäten quasi nebeneinander zu erleben und das noch an selbst ausgewählten Stücken. Wenn dieses Nacheinander auch keinen Vergleich hergibt, so zeigten doch alle Akteure ihre charakteristische Auffassung von Musikinterpretation. Der amtierende Hausherr Malzew eröffnete das Konzert mit Hans-Hendrik Wehdings Ballett-Ohrwurm „Der goldene Pavillon“ als ein Dirigent, der schwelgend die Fülle der Klangfarben hervorzuheben vermag.
Der Weimarer Hochschullehrer Nicolás Pasquet, 1996 bis 2000 GMD, ziselierte die orchestrale Feinstruktur, die in das Menuettos von Mozarts „Jupitersinfonie“ eingewoben ist, wie ein musikalischer Graveur. Romely Pfund, 1987 bis 1996 Chefdirigentin und heute Operndirektorin in Neustrelitz, hob in der reichen melodischen Landschaft in Tschaikowskis „Capriccio Italien“ nie den letzten Schleier, der jenen unerklärlichen Zauber der Musik produziert. Fred Buttkewitz, der dem Orchester 1979 bis 1987 vorstand, konnte der Einladung nicht folgen. An seiner Stelle wurde eine Komposition seines Bruders aufgeführt. „Jeu fatal“, die Fantasie für Harfe solo, ein technik- und zivilisationskritisches Stück Neue Musik, war in dem ohrenschmeichelnden Gesamtarrangement des Abends derart wunderbar verstörend, dass man befürchten musste, Hape Kerkeling habe sich als die Solistin Bleuenn Le Friec verkleidet. Jörg-Peter Weigle, 1977 bis 1980 als Dirigent beim Orchester, durfte gleich zweimal am Pult stehen. Die Ouvertüre zur Oper „Donna Diana“ und Beethovens c-Moll-Fantasie für Klavier, Chor und Orchester behandelte er wie ein sehr solider Handwerker, der beim Detail immer den guten Gesamteindruck im Blick hat.
Der frühere Solopianist des Orchesters, Ralf-Torsten Zichner, saß am Klavier, der Philharmonische Chor und der Uckermärkische Konzertchor Prenzlau zeigten großes Stimmvolumen.
Senior Hans-Dieter Baum, der im Rahmen des Dirigentenforums mit der Neubrandenburger Philharmonie zahlreiche Studenten ausbildete, offenbarte, wie Smetanas Sinfonische Dichtung „Die Moldau“ mit viel subtilen Emotionen gespielt werden sollte und dass nicht alle Musiker auf ihren Plätzen sein müssen, wenn es los geht. Das Ereignis des Abends schien ein Dirigent zu sein, der zu den Neubrandenburger Zeiten Weigles noch nicht geboren war und hier den Zukunftspart spielte. Der 29-jährige Kiril Stankow, Sohn des einstigen Solofagottisten der Philharmonie, konturierte Beethovens „Egmont“-Ouvertüre souverän mit viel Transparenz und manch trennscharfer Überzeichnung. Mit diesem frühen Mut zur „Durchleuchtung“ erinnert er an den jungen Christian Thielemann.
Bei der Zugabe mit Brahms‘ Ungarischen Tanz Nr. 5 standen alle Dirigenten zusammen bzw. nacheinander am Pult. Das Publikum staunte, mit wie viel Klamauk man diese musikalische Ernsthaftigkeit auch zelebrieren kann und feierte Orchester und Dirigenten. Wenn man den Applaus einzeln misst, dann ist Romely Pfund für das Publikum die unangefochtene Favoritin unter den anwesenden Dirigenten. Gedankt wurde an diesem Abend auch vielen anderen, die in den vergangen 60 Jahren die Philharmonie entwickeln halfen.
Prenzlauer Zeitung vom 12.07.2011
Vor der Sommerpause zum Festkonzert
Prenzlau/Neubrandenburg (MS). Gerade erst verabschiedete sich der Uckermärkische Konzertchor e.V. von den 80 Sängern des Dresdner Kreuzchores, denen er einen schönen, wenn auch kurzen Aufenthalt in Prenzlau ermöglichte – dank der Unterstützung vieler Helfer, die den 80 Sängern eine Übernachtung ganz in Familie ermöglichten. Bevor die Sänger des Uckermärkischen Konzertchores nun in den wohlverdienten Sommerurlaub gehen, freuen sie sich noch auf ein Gastspiel in Neubrandenburg. Sie sind eingeladen – gemeinsam mit dem Philharmonischen Chor Neubrandenburg – morgen das Festkonzert „60 Jahre Neubrandenburger Philharmonie“ mitzugestalten, werden in der Konzertkirche Beethovens „Chorfantasie“ mitaufführen.
Damit lässt der Konzertchor ein ereignisreiches erstes Halbjahr 2011 ausklingen. Es begann mit dem vielbeachteten Jubiläumskonzert zum eigenen 20. Geburtstag, dem ein Sonderkonzert im Rahmen des Brandenburgischen Chorfestes in Rathenow folgte. Natürlich eröffneten die Choristen traditionell wieder den Klostersommer im Friedgarten des Dominikanerklosters. Und einige Mitglieder wirkten beim dritten Teil des „Bachlauf“, einer Musikreihe des evangelischen Kirchenkreises Uckermark, mit.