Prenzlauer Zeitung vom 26./27.03.2016
Konzertchor kommt in seine besten Jahre
Leidenschaftlich betriebene Hobbys können schnell in Professionalität münden. Das wissen die Mitglieder des Uckermärkischen Ensembles, das seinen 25. Geburtstag feiert. Viele der Laiensänger erfüllen Aufgaben, die Profichören zur Ehre gereichen.
Von Monika Strehlow
Uckermark. Mit Jubiläen ist es so eine Sache. Manchmal reichen die Wurzeln einer Interessengruppe sehr viel weiter zurück als das Gründungsdatum ihres Vereins. Der Uckermärkische Konzertchor e.V. zum Beispiel schaut am 25. März 2016 auf genau 25 Jahre seines Bestehens zurück. Mit dem künstlerischen Leiter des Konzertchores Jürgen Bischof prägt er seitdem das Musikleben der Uckermark und trägt ihren Ruf über deren Grenzen hinaus.
Dennoch begründet sich der Chor auf eine viel längere Geschichte. Vorgänger waren der Männergesangsverein 1892 und der 1972 gegründete Frauenchor, die sich 1977 zum „Konzertchor Prenzlau“ vereinten. Seit 1983 nannte sich das Ensemble „Uckermärkischer Volkschor“. Es war die Zeit, als man in der DDR begann, sich auf historische Strukturen zu besinnen und „Uckermark“ wieder salonfähig wurde.
Im Januar 1990 übernahm Bischof den Chor und führte ihn durch die Höhen und Tiefen der Nachwende. Neue gesellschaftliche Bedingungen verlangten nach einem Träger des Chores, der das Management leisten konnte. Und am 25. März 1991 beschlossen 47 Mitglieder die Umbenennung in Uckermärkischer Konzertchor e.V.
Einige Mitglieder von damals sind nicht mehr dabei. ‚Andere rückten nach, Nachwuchs kommt auch aus den von Bischof geleiteten Jugendchören. Heute gehören 73 Sangeslustige dazu. Der älteste, Ehrenmitglied Erwin Karas, kennt die Chorgeschichte seit 52 Jahren. „Vor Kurzem erst gratulierten wir ihm zum 90. Geburtstag“, erzählt Vereinsvorsitzende Elke Rohsius. Die Damenmaßschneiderin singt seit sechs Jahren im Chor, hat 2014 die Vereinsleitung übernommen. Dabei verteilt sie die Arbeit auf viele Schultern. Denn die Laiensänger, von denen die meisten beruflich und familiär eingespannt sind, erftillen heute Aufgaben, die Profichören zur Ehre gereichen. Dabei wohnen längst nicht mehr alle in Prenzlau und sind trotzdem bei vielen Proben dabei.
Aufgrund seiner Professionalität arbeiten bekannte Dirigenten und Orchester gern mit dem Konzertchor zusammen. Jetzt erst sangen einige der Choristen unter der Leitung des Stettiner Dirigenten Eugeniusz Kus beim Prenzlauer Karfreitagskonzert mit. Aber auch ein GMD Michael Güttler, der zwischen München, Petersburg und Helsinki zu Hause ist, oder der Engländer Simon Halsey dirigierten schon Konzerte mit den Uckermärkern. Dabei spornt der Ehrgeiz des ambitionierten künstlerischen Leiters die Sänger immer wieder an.
„Ohne Jürgen Bischof wären wir nie so weit gekommen“, gesteht Gabriele Vogel. Für die Ingenieurpädagogin ist der Chor ihr ein und alles. Als Kind sang sie im Kinderchor des Dresdner Pionierpalastes mit und war während der Lehre in einem Chor aktiv. „Ich bin über 70 und hoffe, dass ich es noch lange schaffe, die Konzerte körperlich durchzustehen“, sagt sie lächelnd. Gut erinnert sie sich noch an Proben des Uckermärkischen Volkschores in der Anfang der 1990er Jahre noch unsanierten alten Kaserne der Garnisionsstadt. Das Haus war so marode, dass alle froh waren, in die neue Kreismusikschule umziehen zu können. Dort erklingen jeden Donnerstag die Alt-, Sopran-, Baß- und Tenorstimmen. Immerwieder hat Gabriele Vogel erfahren: „Singen verbindet und überwindet alle Grenzen. Das erlebe ich mit meinem jetzigen Chor auch wieder.“
Mit Elke Rohsius kramt sie in Alben voll mit Fotos und Zeitungsartikeln. Viele Projekte bleiben unvergesslich – allen voran die ,,Carmina Burana“, die mehrfach aufgeführt wurde. Die Vorbereitung wurde mit einem öffentlichen Aufruf zum Mitsingen verbunden, was dem Chor neuen Zulauf bescherte. Gabriele Vogel holt eine Aufnahme vom August 1990 vor. Damals nahm der Volkschor am Sängerfest Neustrelitz teil, wurde seit acht Monaten schon von seinem neuen Dirigenten Jürgen Bischof geleitet. Während er die künstlerische Arbeit leitet, von den Choristen immer vollen Einsatz fordert, sorgt der Vorstand dafür, dass das Miteinander nicht zn kurz kommt. „Das ist uns sehr wichtig“, bekräftigt Elke Rohsius und erzählt von Freundschaften, die sich zwischen Familien und Mitgliedern entwickelten. Selbst die langen Fahrten zu Gastauftritten schmieden zusammen.
Heute verbinden sie Partnerschaften mit Chören im litauischen Vilnius und Kaunas, aber auch im schweizerischen Uster. Alle zwei Jahre fahren die Sänger zum Probenwochenende an der Rheinsberger Musikakademie. Mit Familien und Partnern unternehmen sie Ausflüge. Zu runden Geburtstagen gibt es Gratulationscouren. Ganze Bücher ließen sich mit Geschichten aus einem Vierteljahrhundert Konzertchor füllen. Zumal der Verein auch als Veranstalter auftritt. Auf ihn geht die Reihe „Berühmte Chöre zu Gast in Prenzlau“ zurück, in deren Rahmen am 1. Juli der Dresdner Kreuzchor zum dritten Mal nach Prenzlau kommt. „Die Gasteltern haben wir schon gewinnen können“, sagt Elke Rohsius.
Trotzdem will der Konzertchor den 25. Gründungstag nicht groß feiern. Dazu gäben runde Jubiläen mehr Anlass, findet Elke Rohsius. „Wir stehen in diesem Jahr vor großen Vorhaben, singen zum Beispiel auf dem Internationalen Chorfestival in Stettin Mozarts Requiem mit. Deshalb wollen wir uns zum Geburtstag unterhalten lassen“, sagt sie lächelnd. So trifft sich Mitte April eine fast 90-köpfige Geburtstagsrunde in der Prenzlauer Weinscheune und wird bei einer Gala und Show der Berliner Operette vielleicht selbst mitsingen, aber erst zu später Stunde.