Prenzlauer Zeitung vom 03.05.2010
Proben für ein Konzert der Superlative
Musik: Der Uckermärkische Konzertchor und die Kantorei bereiten sich auf den ersten gemeinsamen Auftritt seit 20 Jahren vor. Er erklingt am 2. Oktober.
Von Oliver Spitza
Prenzlau. Fast 20 Jahre ist es bereits her, dass der Uckermärkische Konzertchor und die Kantorei Prenzlau ihr erstes und letztes gemeinsames Konzert gaben. Am 7. Oktober 1990 traten der Konzertchor, der Posaunenchor und die vereinigten Kirchenchöre der Kreisstadt gemeinsam in St. Marien auf, um an die Kirchweihe 650 Jahre zuvor zu erinnern. Seitdem ist viel Zeit die Ucker hinabgeflossen und so mancher Chorabend gestaltet worden. Aber eben nicht mehr gemeinsam. Das soll sich in diesem Jahr ändern.
Kantorei und Konzertchor wollen am 2. Oktober um 19 Uhr in St. Nikolai ein besonderes Konzert geben, die erste gemeinsame Probe mit den circa 100 Sängerinnen und Sängern hat am Donnerstag im Plenarsaal stattgefunden. Es wird nicht die letzte gewesen sein, denn die Werke, die Jürgen Bischof und Hannes Ludwig präsentieren wollen, sind höchst anspruchsvoll. Werke zweier Komponisten werden im Mittelpunkt stehen, an die in diesem Jahr ebenfalls mit Jubiläen gedacht wird. Zum einen Louis Victor Jules Vierne (1870-1937), zum anderen César Franck (1822-1890). Beide sind in Paris gestorben, beide sind Vertreter der französischen Romantik, beide waren nicht nur bedeutende Komponisten, sondern auch Organisten.
Vierne wurde bereits mit einer schweren Sehbehinderung geboren, man erkannte jedoch frühzeitig seine musikalische Begabung. Ab 1880 erhielt er Klavierunterricht und hörte im selben Jahr erstmals César Franck an der Orgel der Pariser Kirche St. Clotilde. Für ihn war dies das Schlüsselergebnis, eine Art Offenbarung. Ab 1887 erhielt Vierne Orgelunterricht, ab 1889 bei César Franck. Sein Studium am Konservatorium schloss er mit dem 1. Preis in Orgelspiel und Improvisation ab. 1898 schrieb er seine erste Orgelsinfonie. Von 1900 bis zu seinem Tod war Vierne Titularorganist der Kathedrale Notre-Dame in Paris. Schwere Schicksalsschläge ereilten ihn. 1906 musste er nach einem komplizierten Beinbruch seine Pedaltechnik völlig neu erlernen, 1907 erkrankte er lebensbedrohlich an Typhus, einige Jahre später an grünem Star und erblindete völlig. Trotzdem unternahm er Konzertreisen durch Europa und Amerika. Er starb 1937 am Spieltisch seiner geliebten Orgel in Notre-Dame an den Folgen eines Gehirnschlags.
Die Prenzlauer haben sich für ein von Vierne im Jahr 1900 komponiertes Werk für großen Chor und zwei (!) Orgeln entschieden: Die große Messe solennelle cis-Moll. Ein Werk, das noch nie im Nordosten Deutschlands aufgeführt worden ist. „Sind die feierlichen Teile des Kyrie und das triumphierende Gloria und Sanctus noch traditionell romantisch komponiert, so schlagen die geheimnisvollen Harmonien des Benedictus einen völlig neuen Ton in der Kirchenmusik an. Die Messe schließt friedvoll mit lang anhaltenden Phrasen im Agnus Dei und bringt mit Echospiel zwischen Chor und großer Orgel das Werk zu einem wunderbar ruhigen, tröstlichen Abschluss“, schrieb die Fachpresse.
Das zweite tragende Werk des Abends wird César Francks „Psalm 150“ sein. Der Professor für Orgel am Pariser Konservatorium komponierte das Werk für Orgel und Chor 1884. Es greift den Bibelpsalm 150 auf: „Halleluja! Lobet den Herrn in seinem Heiligtum; lobet ihn in der Feste seiner Macht!“