Suche
Suche Menü

26.10.2013: Raritäten der Chormusik

Uckermarkkurier vom 28.10.2013

Prenzlaus Mauern trotzen einem Sturm von Ton und Kraft

Der Gegenbesuch des schweizerischen Kammerchores Uster beim Uckermärkischen Konzertchor Prenzlau sorgte für stehende Ovationen in der voll besetzten Nikolaikirche.

Von Peter Buske

Raritäten der Chormusik 2013Prenzlau. Nun also der Gegenbesuch. Zu seinem kürzlich gefeierten 60-jährigen Jubiläum hatte der Kammerchor aus dem schweizerischen Uster den Uckermärkischen Konzertchor Prenzlau eingeladen. Am Samstag kamen die Amateure aus Uster nach Prenzlau, um das gemeinsame Singen bei der Saisoneröffnung der Klassikkonzerte des Preußischen Kammerorchesters in der rappellvollen Nikolaikirche fortzusetzen.  Unterstützung erfuhren sie dabei durch Choristen und Instrumentalisten der Camerata Nova Stettin.

Von Johann Sebastian Bach über Felix Mendelssohn Bartholdy bis zu Antonin Dvorak zog sich der thematische Faden. Über 150 Mitwirkende knüpften ihn unter Anleitung von Chordirektor Jürgen Bischof, führten  zwei monumentale chorsinfonische Werke auf. Der Mendelssohn-Vertonung des 42. Psalms „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser“ war Bachs Ouvertüre aus der Orchestersuite Nr. 3 nicht ohne Grund vorangestellt, denn jener hatte wesentlich zur Bach-Renaissance im 19. Jahrhundert beigetragen.

Publikum wurde bewusst überrumpelt

Laut und kraftvoll, sehr zügig, von strahlendem Trompetenglanz erfüllt und paukenumwirbelt setzte dieses kompakt musizierte sinfonische Entree gleichsam auf die Überrumpelung der Hörer. Doch warum diese  riesengroßen Dirigiergesten, die für den Chor zweifellos nötig sind, nicht aber fürs Orchester?! Merkwürdig, aber nicht des Merkens würdig ebenso die metronomgleichen Taktschlägereien. Sie bestimmten den gesamten Abend. Nuancierte Lesarten hören und sehen sich anders an.

Eine der genialsten Kompositionen der Kirchenmusik, eben jener 42. Psalm Mendelssohns, fand durch die sehr homogen verschmolzene Chorgemeinschaft eine bewegende Wiedergabe. Geschmeidig und volltönend, intonationssicher und sauber wurde das Streben der Seele nach Gott als ein anhaltendes Crescendo vorgeführt. Mächtig tönten vor allem die tiefen Männerstimmen, schärfenfrei die Soprane, dabei von den Alten sonor „unterfüttert“. Kurzum: weiches und warmes Seelenstreicheln, jedoch sehr eilend. Was wiederum dazu führte, dass sich das von Bischof forcierte Musizieren zunehmend im Forte bis Fortissimo abspielte.

Verliebt ins Laute zeigte er sich auch im Scherzo-Satz aus Dvoraks 9. Sinfonie „Aus der Neuen Welt“, das sehr überzeugend zu dessen klangprächtigem „Te Deum laudamus“ hinleitete. Diese Gotteslobpreisung glich  einer viersätzigen Sinfonie, die einen mit Paukenkanonaden und effektvollem Blechbläserschall aufschrecken ließ. Nicht ohne Grund hat Johannes Brahms dazu angemerkt: „Das Te Deum ist wohl für die Feier der Zerstörung Wiens und Berlins durch die Böhmen gedacht.“

Bischof nahm es fast wörtlich. Er entfachte hemmungsloses Chorjubilieren, ließ aber auch die lyrische „Sanctus“-Episode gebührend wirken. Mit seinem kernigen Bassbariton beeindruckte Haakon Schaub, während Nina von Möllendorff mit ihrem durchschlagskräftigen Sopran hier wie schon beim 42. Psalm überzeugte. Bravos, Pfiffe der Anerkennung und stehender Beifall dankte das Dacapo des Eingangschores aus dem „Te Deum“.

Ein Mitschnitt dieses Konzertes ist auch als CD erhältlich.


Uckermarkkurier vom 24.10.2013

Chorleiter freut sich auf Schweizer

Das Konzert des Uckermärkischen Konzertchores und des Kammerchores Uster fügt der Städtepartnerschaft eine neue Seite hinzu. Am Sonnabend singen beide Ensembles in Prenzlau.

Von Monika Strehlow

Prenzlau. Ein Wiedersehen mit ihren singenden Freunden aus der Schweiz gibt es jetzt für die Mitglieder des Uckermärkischen Konzertchores Prenzlau. Der war im September einer Einladung des Kammerchores Uster zu dessem 60. Geburtstag gefolgt. Nun kommt der Kammerchor zum Gegenbesuch in die Uckermark. Die beiden Chöre haben sich fast ein Jahr auf das Projekt vorbereitet. Premiere feierte ihr Konzert am 28. September in der Reformierten Kirche von Uster nach lediglich drei gemeinsamen Proben. Das reichte aus, weil beide Ensembles von ihren Chorleitern auf die zwei anspruchsvollen Werke gut vorbereitet und abgestimmt waren.

„Jetzt wird es den Prenzlauern präsentiert“, freut sich der künstlerische Leiter des Konzertchores Jürgen Bischof, dass der Chronik dieser Verbindung eine neue Seite hinzugefügt wird. Denn Uster und Prenzlau schauen auf eine langjährige und offizielle Städtepartnerschaft, die sich gerade in den Anfangsjahren auf die kulturellen Kontakte von Uckermärkern und Ustermern stützte. Das neue Vorhaben – erstmals wurde ein  gemeinsames Chorprojekt vorbereitet – verleiht der Partnerschaft einen ganz besonderen Akzent. Wohl auch deshalb haben beide Bürgermeister die Schirmherrschaft übernommen und auch die Bürgerstiftung der Sparkasse Uckermark, der Städtepartnerschaftsverein Prenzlau, die Städte Prenzlau Uster sowie der Kanton Zürich unterstützen diese „bilateralen“ Konzerte.

Ort des vielstimmigen Chorkonzertes ist am Sonnabend, dem 26. Oktober, ab 19 Uhr die geheizte Prenzlauer Nikolaikirche. Gleichzeitig gibt es den Auftakt zur Klassik-Reihe des Preußischen Kammerorchesters der Spielzeit 2013/14, das an diesem Abend in sinfonischer Besetzung musiziert. Die Solisten sind Sopranistin Nina von Möllendorff von der Komischen Oper Berlin und Bassbariton Haakon Schaub.

Über das Programm sagt Jürgen Bischof, der Dirigent des Abends: „Der selbstkritische Mendelssohn bewertete seine Kantate ‚Wie der Hirsch schreit‘ als seine beste Kirchenkomposition. Robert Schumann  bezeichnete sie als ‚höchste Stufe‘ der neueren Kirchenmusik. Das Werk steht in der Tradition von J.S. Bach. Durch Mendelssohn wurde die schon fast vergessene Musik des Thomaskantors zur Renaissance geführt. Als Referenz erklingt deshalb zu Beginn die 3. Ouvertüre von J.S. Bach.“ 1892 sei Antonin Dvorak Direktor des Nationalkonservatoriums New York geworden, wo er sein „Te Deum“ und die berühmte 9.  Sinfonie „Aus der Neuen Welt“ komponierte, so Bischof. Das „Scherzo“ daraus verbinde Rhythmen der Ureinwohner Amerikas mit Melodien von Dvoraks böhmischer Heimat. Zum Konzertfinale erklingt Dvoraks „Te Deum“ (Gott, Dich loben wir). „Es sprüht nur so von Lebendigkeit und effektvollen Einfällen. Die Uraufführung fand 1892 in der Carnegie Hall New York zur 400-Jahrfeier der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus  statt. Johannes Brahms soll wegen der Wuchtigkeit scherzhaft bemerkt haben: ‚Das Te Deum ist wohl für die Feier der Zerstörung Wiens und Berlins durch die Böhmen gedacht und scheint mir dafür auch  recht geeignet.‘“

Karten sind in der Uckermärkischen Kulturagentur im Haus der Wirtschaft in Prenzlau, Grabowstraße 18, in der Prenzlauer Stadtinformation und ab 18 Uhr an der Abendkasse erhältlich.