Prenzlauer Zeitung vom 21.03.2023
Von Eva-Martina Weyer
Nachdenkliche Zuschauer blieben nach der Premiere von „Adams Äpfel“ am Sonnabend an den Uckermärkischen Bühnen zurück.
Uckemark. „Adams Äpfel“ – was für ein schöner mehrdeutiger Titel mit Bibelbezug. Der wird im gleichnamigen Musical, das jetzt an den Uckermärkischen Bühnen Schwedt zur Uraufführung kam, reichlich hergestellt. Es geht darum, was der Mensch bereit ist auszuhalten für seinen Glauben an das Gute. Pfarrer Ivan wird dabei zur tragischen Figur.
Die Schwedter Theaterleute haben ihr Musical (Regie Reinhard Simon) als rabenschwarze Komödie angekündigt. Doch das Lachen blieb dem Publikum im ausverkauften Kleinen Saal oft im Halse stecken. Vielmehr waren Abscheu und Mitgefühl vorherrschende Emotionen.
Die Titelfigur, Neonazi Adam, ist ein wirklich Unsympathischer. Adam kommt in die WG des Pfarrers, in der Kriminelle resozialisiert werden sollen. Bei seiner Ankunft hängt er ein Hitlerbild ans Bett und zeigt, wo der Hammer hängt.
Seine Aufgabe, durch die er geläutert werden soll: einen Apfelkuchen backen aus den Äpfeln im Pfarrgarten. Adams Gegenspieler sind die Ex-Häftlinge Gunnar und Khalid, die sich wohlfühlen in der Pfarrer- WG und trotzdem fleißig weiter klauen und Tankstellen überfallen. Doch Pfarrer Ivan, sanftmütig und dogmatisch zugleich, verschließt die Augen. Er handelt nach dem Motto: Umarme das Böse, dann wird alles gut.
Mit so viel Güte und Lebenslügen kann Adam nichts anfangen. Er provoziert den Pfarrer, sodass der am Ende beinahe stirbt und die Sache mit Gunnar und Khalid völlig aus dem Ruder läuft.
Fabian Ranglack, der vor Kurzem noch in der Hauptrolle von „Ein Käfig voller Narren“ glänzte, beweist als Adam die Bandbreite seines Könnens. Sein geleckter Nazi mit Kurzhaarscheitel und voller Grimm, entpuppt sich als gefährlicher Ausraster, der den Pfarrer kaltblütig zusammenschlägt.
Solche Szenen sind schwer auszuhalten und erfahren eine Zuspitzung durch die Gespräche der Ärztin Dr. Kolberg mit Adam. Paulina Wojtowicz gibt diese Ärztin als abgebrühte Wissenschaftlerin, sodass es einem eiskalt den Rücken runterläuft.
Letztendlich aber wird Adams Wandlung vom Neonazi zum Chorleiter zu eindimensional dargestellt. Das Leben ist komplizierter. Adam backt am Ende einen Kuchen und trägt keine Bomberjacke mehr – so einfach ist das nicht.
Für „Adams Äpfel“ hat Ausstatterin Frauke Bischinger ein Bühnenbild entworfen, in dessen Zentrum ein Apfelbaum steht. Durch Videotechnik ruft er die Illusion von reifen Äpfeln, Blättern und angreifenden Vogelschwärmen hervor.
Die Handlung wird vorangetrieben von der Musik, die Tom van Hasselt komponiert hat. Er ist der Musikalische Leiter an den Uckermärkischen Bühnen und hatte auch die musikalische Leitung in dieser Produktion inne. Van Hasselt ist ein Könner mit vielen Augen und Ohren: Er gab dem Chor das Zeichen zum Einsatz, dirigierte die vorzügliche Liveband und hatte von der Empore aus einen Blick aufs Bühnengeschehen, sodass sich ein schauspielerischer und sängerischer Erzählfluss ergab.
Das Musical basiert auf dem gleichnamigen dänischen Kinofilm. Für die Schwedter Version von „Adams Äpfel“ wurde extra ein Projektchor aus 13 Mitgliedern zusammengestellt. Die Laiensänger meisterten die Passagen des Satzgesanges, hätten aber in ihren Bewegungen auf der Empore zurückhaltender agieren müssen. Gleichwohl war der Chor ein künstlerisches Mittel, die inneren Stimmen darzustellen, von denen Adam geplagt ist.
Der Premierenabend ließ ein nachdenkliches Publikum zurück. Im Saal saßen Verwandte und Weggefährten der Mitwirkenden, darunter die Skatfreunde von Chorsänger Wolfgang Weniger aus Prenzlau. Sie spendeten ihrem Skatbruder begeistert Beifall.
Vorstellungen: am 24. März, 8., 29. und 30. April jeweils um 19.30 Uhr, am 14. Mai um 15 Uhr
Kartentelefon: 03332 538111