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In den uckermärkischen Kirchen liegt viel Musike drin

Uckermarkkurier vom 23.03.2023

Von Frank Wilhelm

In der Prenzlauer Nikolaikirche dirigierte Jürgen Bischof das Preußische Kammerorchester beimDankeschönkonzert des Landkreises Uckermark für die Helden der Pandemie. (Foto: A. Martinot)

In der Prenzlauer Nikolaikirche dirigierte Jürgen Bischof das Preußische Kammerorchester beim Dankeschönkonzert des Landkreises Uckermark für die Helden der Pandemie. (Foto: A. Martinot)

Prenzlau. Frau Bischof kennt ihren Gatten. Sie weiß, dass der 66-Jährige den kompletten Tag mit seiner zweiten großen Liebe verbringen könnte. Mit der Musik. Deshalb klebt sie, bevor sie morgens aus dem Haus geht, ihrem Mann Jürgen Bischof kleine Erinnerungszettel gut sichtbar an den Frühstückstisch. Darauf findet er dann die Aufgaben notiert, die am Vormittag zu erledigen sind. „Damit ich auch mal was im Haushalt oder draußen im Garten mache“, sagt der Prenzlauer, der im vergangenen Jahr eigentlich in den Ruhestand gegangen ist. 42 Jahre lang leitete er die Kreismusikschule Uckermark, ehe er den Staffelstab 2022 an seine Nachfolgerin Sylvia Müller übergab.

Jürgen Bischof (Foto: Lisa Martin)

Jürgen Bischof (Foto: Lisa Martin)

Aber da sind ja eben noch seine vielen anderen Musikjobs: Bischof ist Direktor der Uckermärkischen Kulturagentur sowie Leiter des Uckermärkischen Konzertchores, des Konzert- und Kammerchores Prenzlau sowie des Preußischen Kammerorchesters. All diesen Funktionen soll er, geht es nach den familiär getroffenen Vereinbarungen, im Anschluss an Erfüllung der Aufgaben am Vormittag, am Nachmittag nachgehen.

Doch zurzeit tanzt der uckermärkische Multi-Kulturmann Jürgen Bischof in diesen Tagen und Wochen auf so vielen verschiedenen Hochzeiten, dass die Nachmittage schwerlich ausreichend Zeit bieten. Gerade erst feierte er mit einem Projektchor die Uraufführung des Musicals „Adams Äpfel“ an den Uckermärkischen Bühnen (ubs) Schwedt. 13 Sänger begleiten das vom langjährigen ubs-Intendanten Reinhard Simon inszenierte Stück, das den Weg des Neonazis Adam hin zum Chorsänger in einer kleinen Pfarrgemeinde beschreibt. Ein Thema, das Bischof natürlich gefällt. Er wird bei jeder Aufführung in Schwedt dabei sein, um seinen Chor einzusingen. Zudem spielt er selbst eine kleine Rolle auf der Bühne.

45 Orchestermusiker und rund 100 Sänger

Mit Simon verbinde ihn eine besondere Beziehung. „Wir kämpfen seit Jahren in der Uckermark an der gleichen Kulturfront.“ Sprich, beide Urgesteine der Kulturszene mussten und müssen immer wieder in den Ring mit der Politik steigen, damit Theater und Musik nicht hinten runterfallen.

Der Uckermärkische Konzertchor – hier gemeinsam mit dem Berliner Oratorienchor– wird auch bei„Stabat Mater“ zu hören sein. (Foto: Franz Roge)

Der Uckermärkische Konzertchor – hier gemeinsam mit dem Berliner Oratorienchor– wird auch bei „Stabat Mater“ zu hören sein. (Foto: Franz Roge)

Zurzeit ist Jürgen Bischof vor allem auf den 2. April fokussiert. Dann steht in der Templiner Maria-Magdalenen- Kirche die Komposition „Stabat Mater“ von Karl Jenkins für Orchester, Chor und Solisten auf dem Programm. Ein gewaltiges Werk, was allein schon die Zahl der Mitwirkenden zeigt. Bischof wird 45 Orchestermitglieder und etwa 100 Sänger als Dirigent durch das Konzert führen.

Der Uckermärkische Konzertchor, der Chor der Universität Szczecin und der Projektchor der Kantorei Templin stellen die Sänger. Hinzu kommen jeweils zwei Solistinnen und Solisten. Die „Preußen“ und das Deutsche Filmorchester Babelsberg sorgen für den passenden instrumentalen Klang, den unter anderem sechs Schlagwerker intonieren.

Die Wahl des 2008 in Liverpool uraufgeführten Werkes „Staber Mater“ kann durchaus auch als konzertante Antwort auf viele Fragen unserer Zeit verstanden werden, einer Zeit, in der Kriege, Hass und Intoleranz wieder Oberhand gewonnen haben. Karl Jenkins baut in seinem Werk Brücken, verbindet uns bekannte westliche Musik mit Klängen anderer Gegenden dieser Welt, insbesondere auch aus dem Nahen Osten. „Das ist ein musikalisch so vielseitiges Stück, das es so nicht noch einmal gibt“, schwärmt Bischof über das „weltumspannende Werk“.

Im Original, das auch er zu Gehör bringen will, erklingen fünf verschiedene Sprachen. Für die arabischen Passagen wurde extra die in der Türkei lebende Sopranistin Dilek Türkan engagiert, was in den heutigen wirren Zeiten im übrigen auch einen unheimlich hohen organisatorischen und bürokratischen Aufwand mit sich bringt, wie Bischof andeutet. „Falls ich noch ein paar Haare auf dem Kopf hatte, sind die jetzt auch verschwunden.“

Deutsch-polnische Kooperationen

Und dann ist da schließlich der dritte große Brocken, den Jürgen Bischof in den kommenden Wochen zu erledigen hat: Der 12. Uckermärkische Orgelfrühling, der am 20. Mai in Lychen startet. So wie Neubrandenburg feiert auch die uckermärkische Kleinstadt ihr 775. Stadtjubiläum. Da lag es auf der Hand, das Eröffnungskonzert des Orgelfrühlings in die Lychener Kirche St. Johannes zu legen. „Mit Pauken und Trompeten – auf zur Königin“ heißt es, wenn Helge Pfläging an der Orgel und das Preußische Kammerorchester unter Leitung von – natürlich – Jürgen Bischof aufspielen. Bis zum 4. Juni wird es zehn Konzerte sowie sechs musikalische Orgelführungen für Kinder und Jugendliche in der Uckermark geben.

Jürgen Bischof dirigierte auch schon beim Uckermärkischen Orgelfrühling. (Foto: Mathias Scherfling)

Jürgen Bischof dirigierte auch schon beim Uckermärkischen Orgelfrühling. (Foto: Mathias Scherfling)

Und, wie schon bei der Aufführung der „Staber Mater“, wird es wieder deutsch-polnische Kooperationen geben. Am 27. Mai gibt es ein Konzert in der St. Jacobi Kathedrale Szczecin, zu dem auch das Preußische Kammerorchester erwartet wird. Zum Abschlusskonzert am 4. Juni treten wiederum polnische Nachwuchskünstler mit ihren Lehrkräften in der Kirche St. Sophien in Brüssow auf.

Angesichts dieses vollen Frühlingsprogramms dürfte Jürgen Bischof in den kommenden Wochen viel auf Achse sein. Es sei ihm zu wünschen, dass Frau Bischof ihm verzeiht, wenn er den einen oder anderen Aufgabenzettel vielleicht übersieht.